„Es war einmal ein reicher Mann…Vor der Tür des Reichen aber lag ein armer Mann namens Lazarus…“
So beginnt das Evangelium des 26. Sonntags.
Einer, der alles hat, und einer, der zu kurz gekommen ist im Leben.
Eine der größten Sorgen im Leben ist es doch, zu kurz zu kommen.
Noch nie sahen wir uns dieser Sorge wohl so deutlich gegenüber wie heute, weil uns ununterbrochen all die Möglichkeiten der Welt vor Augen stehen, ja, weil wir real oder wenigstens digital erfahren können, was die Welt alles bietet.
Und dies weckt selbstverständlich die Ansprüche.
Und damit einher geht leider auch, dass sich so mancher Anspruch als Illusion erweist.
Leicht schleicht sich dann das Gefühl ein, zu kurz zu kommen.
Die Sorge müssen wir ernst nehmen. Sie kann heftige Folgen haben – im Kleinen wie im Großen.
Es geschieht ja, dass sich manche einfach greifen, was sie schon lange entbehren. Oder schwermütig werden, je länger sie den Eindruck haben, doch auf so manches – (vermeintlich) Wichtige – verzichten zu müssen.
Zurück zum Gleichnis:
Der Reiche wie der Arme sterben schließlich.
Der Arme wird in den Himmel getragen, der Reiche aber kommt ins Höllenfeuer.
Schon hammerhart diese Geschichte.
Alle Türen sind zu für den Reichen. Es gibt keinen Ausweg mehr für ihn.
Dem Armen aber geht es endlich gut. Der im Leben zu kurz Gekommene erhält den Ausgleich für alles.
Die Bilder dieser Geschichte haben unsere Vorstellung von Himmel und Hölle entscheidend geprägt. Und diese Bilder haben sich in vielen Köpfen festgesetzt. Und daran hat die Kirche auch kräftig mitgewirkt.
Bilder sind aber keine Wirklichkeit.
Hinter den Bildern stehen Sehnsüchte, Wünsche und Hoffnungen.
Die Hoffnung etwa, wer zu kurz kommt im Leben, dem soll es wenigstens im Himmel besser gehen. Und wer es sich nur gut gehen lässt, nicht vor die Tür, nicht nach rechts und links schaut, der wird dafür die Quittung bekommen und in der „Hölle schmoren“.
Aber Bilder bleiben Bilder.
Lassen wir uns von den Bildern nicht verführen.
Schauen wir auf den Kern dessen, was Jesus uns sagen will.
Jesus hofft und sagt: Für das, was wir im Leben erleben oder erleiden, wird ein Ausgleich sein. Dafür sorgt Gott.
Es wird ein Ausgleich sein. Ja, es muss ein Ausgleich sein.
Denn im Angesicht Gottes ist es undenkbar, dass die einen sorglos und stets in Freuden leben, sich nur um sich kümmern, während die anderen überall und für immer zu kurz kommen.
Gott wird für einen Ausgleich sorgen, auch wenn ich nicht weiß und es auch gar nicht wissen kann, wann er das macht und wie er das macht.
Ich lese das Evangelium als eine freundlich – ernste Mahnung: Vergesst das nicht, dass Gott einen Ausgleich schaffen wird, überlegt also, wie ihr selber leben möchtet.
Nachdenklich möchte ich leben.
Ich will nicht wegsehen oder weghören, was vor meiner Haustür geschieht.
Ich will nicht wegsehen oder weghören, wenn mir die Nachrichten erzählen, was in unserer Welt geschieht.
Oft kann ich wenig daran ändern oder gar nichts.
Jesus hat getan, was ihm möglich war. Und mehr erwartet er auch von mir, von uns nicht.
Wir sollten uns immer wieder ernsthaft fragen: Tue ich das mir Mögliche?
Wenn ich es tue, dann wirke ich mit Gott zusammen an einem Ausgleich – hier und jetzt.